Das Lächeln im Land der Pharaonen oder Ma Assalama, Insha'allah

Heute morgen ist mir das frühe Aufstehen allerdings auch gar nicht so schwer gefallen, denn ich war ziemlich nervös: Abschlusssprüfung nach 75 privaten Arabisch-Stunden. Hat sich aber gelohnt: 79,5 von 80 möglichen Punkten! Dafür habe ich allerdings auch einige Tage am Schreibtisch gesessen.

Die letzten zwei Wochen, in denen ich mich hier auf der Website rar gemacht habe, waren vollgepackt mit Arbeit. Eine Fahrt auf dem Nil war die einzige Auszeit, die ich mir noch gegönnt habe. Den Rest der Zeit habe ich mit zahlreichen Gesprächen, Interviews und eben mit Arabisch-Lernen verbracht. Ein letztes Mal habe ich vorgestern auch Dr. M. getroffen. Zum Mittagessen in einem seiner Stammlokale, dem Pub 28, bei mir um die Ecke. Früher mal ein Hotspot der Intellektuellen-Szene, treffen sich dort mittags noch die gleichen Leute wie damals, nur sind sie inzwischen eben nicht mehr in den wichtigen Positionen, die sie einst bekleidet haben, sondern blicken mit einem gewissen Abstand auf das Geschehen in Ägypten. Das macht ihre Gespräche und Einschätzungen allerdings nicht weniger spannend für mich.

Über Einiges, über das ich in diesen zwei Wochen nachgedacht und gearbeitet habe, werde ich später noch mal an dieser Stelle berichten. Aber das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.

Rückblickend auf meine Zeit in dieser Megacity bin ich dankbar und froh, dass ich mich zu diesem Schritt entschieden habe. Obwohl so vieles unklar war vor meiner Abreise, obwohl ich wusste, dass es jemanden gibt, den ich jeden einzelnen Tag schrecklich vermissen werde, und obwohl ich an meinen ersten beiden Tagen hier dachte, ich halte es keine Stunde länger aus. Ich bin froh, dass ich durchgehalten und nicht gleich aufgegeben habe. Ich hätte ja auch eigentlich aus meiner Erfahrung heraus vorher wissen können, dass der Anfang in einem (relativ) fremden Land und in so einer riesigen Stadt, in der man niemanden kennt, immer schwer ist. Und es hat ja diesmal nur wenige Tage gedauert, bis ich mich eingelebt hatte.

Kein anderes Land der Welt habe ich im Laufe von nur 12 Monaten insgesamt dreimal besucht. Der amerikanische Auslandskorrespondent Wilton Wynn beschreibt in seinen Memorien "A Typewriter and a Dream", wie er Alexandria per Schiff verlässt, auf die Stadt zurückblickt und glaubt, dass er das Land am Nil niemals wiedersehen wird. Und doch kehrt er immer wieder dorthin zurück. Ich bin sicher, dass ich immer wieder hierher zurückkehren werde. Nach Kairo, in diese lebendige, laute, dreckige und stinkende, wundervoll aufregende und niemals schlafende Stadt am Nil, nach Alexandria, der Sommerfrische ausgestreckt am Mittelmeer mit ihren Fischerbooten und Zehntausenden ägyptischen Urlaubern, und nicht zuletzt ans Rote Meer, seiner Unterwasserwelt und seinen Bilderbuch-Wüstenlandschaften. Was mich aber an diesem Land am meisten fasziniert und anzieht, sind seine Menschen. So viel Hilfbereitsschaft und Freundlichkeit, Gastfreundschaft und Liebenswürdigkeit sind mir nicht an vielen Orten auf der Welt innerhalb so kurzer Zeit begegnet. Wer einen Freund in Ägypten hat, der kann sicher sein, dass diese Freundschaft ein ganzes Leben lang halten wird. Egal, wie groß auch immer der Abstand bis zum nächsten Wiedersehen sein mag. Das Lächeln, das ich hier auf so vielen Gesichtern gesehen habe, die täglich meinen Weg kreuzten, werde ich niemals vergessen. Und ich weiß sehr genau, was ich hier dem ein oder anderen zu verdanken habe. Nicht nur, dass ich mich im Land der Pharaonen ziemlich schnell zurecht gefunden habe und interessante Gesprächspartner hatte, sondern auch, dass ich mich fast ein bisschen zuhause fühlen konnte! Shukran Gezilan!

Jetzt freue ich mich auf Dahab, aufs Meer! Darauf, nach all dem Lärm und den vielen Gedankenexperimenten in die Unterwasserwelt abzutauchen, darauf, alte Freunde wiederzutreffen und Zeit mit ihnen zu verbringen und darauf, jeden Tag frischen Fisch essen zu können.

Und dann fahre ich nach Hause, und dieses Mal hat dieses Wort für mich vielleicht mehr Bedeutung, als es nach jeder anderen längeren Reise hatte!